EINE POST-APOKALYPSE VON HEINRICH BÖLL
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Die Welt ist untergegangen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Nach einem drastischen Anstieg des Meeresspiegels leben die Menschen in Heinrich Bölls Bühnendebüt EIN SCHLUCK ERDE auf den kargen Überresten unserer Zivilisation. Nahrung ist knapp und ein Schluck Erde eine Kostbarkeit. Auf kleinen verbliebenen Stückchen Erde haben sich die selbsternannten „Wisser“ ein totalitäres System aufgebaut und wachen „wissend“ über die Einhaltung eines vernünftigen, achtsamen und sparsamen Lebenswandels. Den vernünftigen Lust-feindlichen „Wissern“ gegenüber leben die sogenannten „Kresten“, die im Gegensatz zu den herrschenden Technokraten und zu deren Missfallen sich die Fähigkeit bewahrt haben, widersprüchlich, sinnlich und unvernünftig zu sein. Und trotz Sanktionen und Strafen bleiben Genuss, Gewissen und Erinnerung, diese letzten Reste von Menschlichkeit, eine Gefahr für das System. Denn nur die Demokratie ist in der Lage ihre Feinde auszuhalten, alle anderen Systeme müssen sie ausmerzen.
"Ich habe die Erde versteckt … hab sie mir unter die Fingernägel gekratzt, ins Ohr gesteckt, in die Nase – in den Mund, und immer wollte ich einmal den ganzen Mund voll Erde haben. Einen ganzen Schluck Erde." (Berlet)
Bölls erstes Theaterstück – 1961 uraufgeführt – ist eine Abrechnung mit herrschenden Machtstrukturen, mit Repression und Menschenverachtung und einer wissenschaftlich verbrämten Lustfeindlichkeit in einer Welt, die zwar nach ferner Zukunft klingt, aber der unseren doch erschreckend nahe ist. Denn alle Science-Fiction ist letztlich nur eine Beschreibung der Gegenwart.
"Die kreativen Ideen in Nik Mayrs Inszenierung machen das postapokalyptische Drama allein schon zu einem optischen Erlebnis. […] Nahezu beängstigend prophetisch und visionär beschrieb der spätere Nobelpreisträger in seinem Endzeitdrama eine Katastrophe, die nach Einschätzung der aktuellen Klimaforschung in naher Zukunft durchaus Realität werden könnte."
Premiere:
23. Februar 2024
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Regie:
Es spielen: